Film/Public Viewing, Literatur/Performance

Literatur & Film: EFFI BRIEST – 200 Jahre Theodor Fontane

Theodor Fontane

Irmi Horn liest aus aus dem Buch.

Irmi Horn

Fontanes Roman »Effi Briest« ist ein Klassiker der deutschen Literatur. Er zeigt deutlich den Druck der gesellschaftlichen Konventionen, dem eine junge Frau Anfang des 20. Jahrhunderts immer noch ausgesetzt war. Effi konnte über ihr Leben nicht selbst entscheiden. Unter dem Einfluss ihrer Mutter heiratet sie zwar wohlhabend, aber nicht glücklich. Die Tatsache, dass Effis Tochter nach dem Scheitern der Ehe bei ihrem Vater aufwächst, weist auf die niedrige gesellschaftliche Stellung einer Frau dieser Zeit hin.

Quelle: Effi Briest – Zusammenfassung
https://www.inhaltsangabe.de/fontane/effi-briest/

Theodor Fontane ließ sich in seinem Roman Effi Briest von historischen Ereignissen und dem Eindruck inspirieren, den verschiedene Örtlichkeiten bei ihm hinterlassen hatten. Seiner Vorstellung von einer realistischen Schreibweise folgend, verwertete er seine Vorlagen künstlerisch und veränderte dabei wesentliche Details, wobei aber die jeweilige Vorlage erkennbar bleibt.

„Elisabeth von Plotho, eine junge Frau aus altem magdeburg-brandenburgischen Adel, heiratete trotz ihres Widerwillens aus Gehorsam gegenüber ihren Eltern 1873 Armand Léon Baron von Ardenne (1848–1919). Der duldete einige Jahre später, dass der Königliche Amtsrichter und Reserveoffizier Emil Hartwich aus Düsseldorf Elisabeth malte und aus diesem Anlass immer wieder mit ihr zusammen war. Nachdem Baron von Ardenne ins Reichskriegsministerium versetzt worden und deshalb mit seiner Familie nach Berlin umgezogen war, beobachtete er, dass seine Frau mit Hartwich korrespondierte. Misstrauisch geworden, öffnete er in der Nacht auf den 25. November 1886 die Kassette, in der sie die empfangenen Briefe aufbewahrte: Kein Zweifel, Emil Hartwich und Elisabeth von Ardenne hatten ein Verhältnis! Der Amtsrichter, den er telegrafisch nach Berlin rief, gestand es und nahm die Forderung des Barons zum Pistolenduell an. Es fand am 27. November 1886 auf der Hasenheide bei Berlin statt. Von mehreren Schüssen getroffen, starb Emil Hartwich vier Tage später in der Charité. Baron von Ardenne wurde festgenommen, kam jedoch nach nur achtzehn Tagen Festungshaft frei. Seine Ehe wurde am 17. März 1887 geschieden, und er erhielt das Sorgerecht für die beiden Kinder. Anders als Effi Briest in Theodor Fontanes Roman gab Elisabeth von Ardenne sich nicht auf, sondern arbeitete jahrelang als Krankenpflegerin.“ Sie starb 1952 im Alter von 98 Jahren.

Ein Bezug zwischen Effi Briests Schicksal und dem Leben der Elisabeth von Plotho ist also offenkundig.  Fontane veränderte allerdings viele Details, nicht nur, um die Privatsphäre der Beteiligten zu wahren, sondern auch, um den Effekt dramaturgisch zu verstärken: Elisabeth von Plotho heiratete ihren Mann nicht mit 17, sondern erst mit 19 Jahren, und er war auch nur fünf und nicht 21 Jahre älter als sie. Zudem hatte sie ihr Verhältnis nicht nach einem, sondern nach zwölf Jahren Ehe, und ihr Mann erschoss den Liebhaber nicht sehr viel später, sondern als das Verhältnis noch andauerte. Nach der Scheidung zog sich die Frau, wie Fontane auch wusste, keineswegs aus dem Leben zurück, sondern wurde berufstätig.
Im achten Kapitel des Romans stellt Effi im Gespräch mit Gieshübler fest, dass sie von jenem Briest abstamme, „der am Tag vor der Fehrbelliner Schlacht den Überfall von Rathenow ausführte“. Dabei handelt es sich um den Landrat Jakob Friedrich von Briest (1631–1703), der das Gut Nennhausen für die Familie von Briest erwarb  und für den Sieg Brandenburgs im Krieg gegen Schweden mitverantwortlich gewesen sein soll.  Damit weist Effi auf den besonderen Anteil ihrer Familie am Aufstieg Brandenburgs/Preußens zur europäischen Großmacht hin.

Jakob Friedrich von Briest war Ururgroßvater von Caroline de la Motte Fouqué, geborene von Briest. Diese Briest stellt in gewisser Weise eine Gegenfigur zu Effi Briest dar: Auch sie war zwar das einzige Kind ihrer Eltern und unglücklich verheiratet, konnte aber nach dem Scheitern ihrer Ehe zum zweiten Mal heiraten, und zwar den geschiedenen Adeligen Friedrich de la Motte Fouqué. Caroline wurde nicht zum Objekt gesellschaftlicher Ächtung und erbte Schloss Nennhausen.

Die Romanfigur Effi schafft allerdings nicht diese „Protoemanzipation“ wie die adelige und betuchte  Caroline  sondern erlebt das Dilemma bürgerlicher Frauenemanzipation im 19. Jahrhundert.

Heinrich Theodor Fontane (* 30. Dezember 1819 in Neuruppin; † 20. September 1898 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller, Journalist und Kritiker. Fontane gilt als der herausragende Vertreter des poetischen Realismus in Deutschland. In seinen Romanen, die großenteils erst nach seinem 60. Lebensjahr entstanden, charakterisiert er die Figuren, indem er ihre Erscheinung, ihre Umgebung und vor allem ihre Redeweise aus einer kritisch-liebevollen Distanz genau beschreibt. Typisch ist die Darstellung einer gepflegten Konversation in einem abgeschlossenen Zirkel (auch als Causerie bezeichnet), etwa bei einem Festessen – die Personen folgen gesellschaftlichen Konventionen und enthüllen doch ihre wahren Interessen, häufig gegen ihren Willen. Dabei kommt Fontane von einer Kritik an Einzelpersonen oft zu einer impliziten Gesellschaftskritik. Ein charakteristisches Stilmittel Fontanes ist die leichte, unverbindliche Einstreuung wichtiger Motive in die Erzählung, oft unter alsbaldiger Relativierung und Rücknahme, auf die später wieder Bezug genommen wird und welche dadurch eine besondere Betonung erfahren. Dieses Stilmittel kommt besonders in Effi Briest verbreitet vor.

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