Ausstellung/Gartenkunst

Birke Gorm & Anaïs Horn: blooming simulacra jeden Fr, Sa 15:30 – 19:00 und täglich nach Vereinbarung bis 31. August

Blooming Simulacra (c) Anaïs Horn 2022-Videostill

Es freut uns dem Publikum die Begegnung mit zwei international geschätzten jungen Künstlerinnen zu ermöglichen.

BIRKE GORM From the series: IOU, 2022, wood, sizes variable. 7 installations.

Birke Gorm (DK) war Artist in Residenz im kunstGarten und arbeitete hier mit Holz. Sie studierte an der Hochschule für bildenden Künste in Hamburg und an der Akademie der bildenden Künste Wien. Indem sie das Material von seiner Funktion löst, erschafft sie Möglichkeiten, neue Kontexte zu transportieren. Sie bearbeitet ihr Trägermaterial und kreiert ihre individuelle Bildsprache in ihren Serien. Hier: IOU.

Die vielen Kreaturen der fortlaufenden Serie IOU sind sich alle auffallend ähnlich. Sie sind nach demselben Rezept entstanden, und doch tragen sie alle individuelle, charakteristische Züge. Die Holzstücke stammen physisch aus dem Wald oder diesmal dem kunstGarten – einem Ort, der von vielen romantisch oder einigen wissenschaftlich als Natur betrachtet wird. Sie wurden von Hand gesammelt, eines nach dem anderen, durch selektive Suche nach spezifischen Eigenschaften. Das Scannen und Filtern der Vorräte des Unterholzes, gefolgt von Versuchen, den Charakter hervorzurufen, der scheinbar unter der Rinde lauert.
Der Ausdruck auf ihren Gesichtern ist einheitlich. Die Augen sind geschlossen – auf eine scheinbar friedliche Art und Weise, die aber gleichzeitig ein Vermeiden des Erlebens der Umgebung eingesteht. Die Zungen herausgestreckt, frech und unverschämt, aber auch die einzige Möglichkeit, den anderen die Hand zu reichen, denn allen diesen Wesen fehlen die Gliedmaßen. Sie interagieren nur über ihre Zungen miteinander, tragen, balancieren und halten sich gegenseitig fest oder klammern sich aneinander. Abhängigkeit, dargestellt in einer Weise, die sowohl lethargisch als auch leidenschaftlich verstanden werden kann. Der haptische handwerkliche Arbeitsprozess, den die Künstlerin vornimmt, stellt ein Gegengewicht zu vielen ihrer Bildmotive dar, die unsere heutige Leistungsgesellschaft veranschaulichen. In ihrer Arbeit setzt Birke Gorm die Autonomie des Materials ins Verhältnis zu geschlechtlich und historisch konnotierten Techniken und deren Ästhetik. Birke Gorm ist Anerkennungspreisträgerin des STRABAG Artaward International 2020. Im Anschluss an die Grazer Präsentation wird sie die MAK GALERIE, 12. Oktober 2022 – 8. Jänner 2023 in Wien bespielen.
Material und Materialität stehen bei mir definitiv im Mittelpunkt. Ich arbeite so reduziert wie möglich und möchte jedes Detail verstehen – als Element in Zusammenhängen außerhalb meiner Praxis, sowie welchen Platz oder welche Rolle es in meinem Materialvokabular einnimmt. Außerdem ist mir wichtig, dass die Materialität in einem Verhältnis zu dem steht, was ich gestalte oder abbilde, und diesem etwas hinzufügt.

Anaïs Horn, from the series/aus der Serie: I like listening to night creatures, Untitled (Chrysler Imperial, 1952), 2022, direct print on acrylic glass and laminated on alu-dibond, 60 × 40 cm, in artist’s frame.

Anaïs Horn, aus der Serie/from the series: I like listening to night creatures, Untitled (Charles Austin, 1971), 2022, direct print on acrylic glass and laminated on alu-dibond, 60 × 40 cm, in artist’s frame.

Anaïs Horn, geboren in Graz (AT), lebt und arbeitet in Paris (FR).

Mit einem Hintergrund in Literatur und Kommunikationsdesign schloss sie 2015 die Friedl Kubelka Schule für künstlerische Fotografie in Wien ab. Sie erhielt zahlreiche Stipendien und Residencies, u.a. an der Cité Internationale des Arts, Paris (2017- 2018 und 2021) oder am ISCP New York City (2020, 2022).
In ihrer künstlerischen Praxis verwebt sie häufig Literatur/Text und Fotografie/Video/Zeichnung/Malerei und erforscht Momente der Intimität mit einem besonderen Interesse an Themen wie Liminalität und Coming-of-Age. Sie beobachtet Menschen und ihre Räume, überschreitet sanft Grenzen, öffnet das Private und macht Intimität zu einer sinnlichen Erfahrung. Dabei erforscht sie Zeit, Erinnerungen, Vergänglichkeit, den Körper und seine Spuren, das vorsichtige Eindringen in die Privatsphäre sowie die Ästhetik von Realität und Flüchtigkeit. Ihre Bilder nehmen Gestalt an – auf verschiedenen Oberflächen und in Objekten – und fügen sich oft zu raumgreifenden Installationen zusammen.
Das Künstlerbuch ist ein wichtiges Medium für ihre Arbeit: 2021 erschien ihr Fotobuch Fading bei DCV, Berlin, sowie Die Hand voller Stunden, so kamst du zu mir, das ihre Solo-Showbei Camera Austria, Graz, begleitete. Im Jahr 2020 erschienen ihre Künstlerbücher Je suis malheureuse et heureuse und How do you feel about „Lou“? (in Zusammenarbeit mit Eilert Asmervik) bei META/BOOKS, Amsterdam (metabooks.nl). Ihr Buch Je suis malheureuse et heureuse war auf der Shortlist für den Photo-Text Book Award beim Fotofestival Les rencontres d’Arles 2021 und in der offiziellen Auswahl des Oslo Fotobokfestival. Vor dieser Ausstellung wurden 2022 ihre Arbeiten in  Graz im FORUM STADTPARK INTIMACY / PRIVACY, 
im Feber, in bei MLZ ART DEP Triest UNSTABILILE INTENSITIES Katharina Copony &  Anaïs  Horngezeigt, im Augenblick auch in Athenim Benaki Museum / Pireos 138 beim ATHENS PHOTO FESTIVAL 2022 und im Herbst ist sie zur Paris Photo eingeladen.
Anaïs Horn:  Blooming Simulacra
Projektbeschreibung
Ein Lichtschein auf dem Faltenwurf, die Blüten im Dunkel versinkend, ist es Abendlicht, das durch einen zarten Vorhang streift, oder ist es das letzte Aufflackern einer Kerze, das dieses Bild erhellt? Wie still sind die Objekte in diesem Stillleben, wie tot ist die Natur in dieser Nature Morte? Das radikale Denken (Baudrillard) bezieht seine Kraft – ähnlich dem echten Bild, das „dieses Zittern der Welt“ bewusst macht – aus der Ablehnung der Wirklichkeit. Statt Transparenz zu schaffen, wird das Geheimnis wieder eingeführt: Die Illusion erarbeiten, erschaffen. Rätselhaft machen, was klar ist, unbegreiflich, was begreiflich ist … die Welt so zurückgeben, wie wir sie bekommen haben, unbegreiflich. Für „Blooming Simulacra“ inszeniert Horn lebendige Stillleben im Grazer Kunst- garten. Ein Augenblick des Entstehens wird fotografisch abge- bildet, ein Moment im Laufe des Vergehens, im Kreislauf – eine nächtliche Illusion – sichtbar gemacht, wie sie niemals sichtbar sein kann. Nach diesem Moment der Aneignung werden die lebendigen Bilder der Natur zurückübergeben und wandeln sich: Als Zeuge bleibt das eine Bild, das Punctum. In der Ausstellung werden diese Bilder präsentiert – aber auch die lebendigen Still- leben aus Keilrahmen, Stoffen und Pflanzen, die dann schon einige Wochen lang dem Lauf der Natur überlassen wurden und sich verändert haben, zu jeder Tages- und Nachtzeit, in jedem Augenblick, nie mehr gleich aussehen werden. Das Geheimnis des einzelnen Bildes bleibt für immer verborgen.
Diese Arbeiten werden gezeigt.
BIRKE GORM From the series: IOU, 2022, wood, sizes variable. 7 installations.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ANAÏS HORN Blooming Simulacra, installation, 2022, Duchesse-satin (indigo 80 × 50, purple 180 × 110, gold 130 × 80, petrol 120 × 190) on stretcher frames and aluminium stands.
We call change in a person the effect of time, 2022, video (color, sound), 2:50, sound composed and performed by Eilert Asmervik.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

From the series: I like listening to night creatures, Untitled (Charles Austin, 1971), Untitled (Chrysler Imperial, 1952), Untitled (Salet, 1854), Untitled (Comte de Chambord, 1860), all 2022, direct prints on acrylic glass and laminated on alu-dibond, 60 × 40 cm each, in artist’s frame.

 

Wikipedia:
Als Simulacrum oder Simulakrum (Plural: Simulacra oder Simulakren) bezeichnet man ein wirkliches oder vorgestelltes Ding, das mit etwas oder jemand anderem verwandt ist oder ihm ähnlich ist. Der lateinische Ausdruck simulacrum leitet sich über simulo („Bild, Abbild, Spiegelbild, Traumbild, Götzenbild, Trugbild“) von simul („ähnlich, gleich“) ab. Die Bedeutung kann abwertend gemeint sein im Sinne eines trügerischen Scheins, sie kann aber auch positiv verstanden werden im Rahmen eines Konzepts produktiver Phantasie