Literatur & Film: Olivier Bourdeaut: „WARTEN AUF BOJANGLES“

Irmi Horn

Irmi Horn liest aus Warten auf Bojangles, dem Roman von Olivier Bourdeaut.

Ein sehr anrührender Roman, der durch die Verwebung zweier Perspektiven bewirkt, dass ein Geheimnis zunächst verborgen bleibt.

Leserinnen ahnt bereits, allein durch einen flüchtigen Blick auf den Klappentext, dass die Geschichte tragische Züge annehmen könnte, doch sie genießen zunächst die Leichtigkeit, den Humor und die Intensität, mit denen das Leben dieser kleinen Familie erzählt wird. Besonders die Unbeschwertheit, mit der der Sohn die Welt erlebt, hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Die Überraschung ist groß, als nach der Erzählung des Sohnes plötzlich der Vater zu Wort kommt, wobei die beiden Perspektiven im weiteren Verlauf immer wieder wechseln. Sie erzählen gemeinsam die Geschichte der Mutter bzw. der Frau, die eine besondere psychische Herausforderung in sich trägt. Die Leichtigkeit des Lebens, die Möglichkeit, das Leben ohne schweres Gewicht zu nehmen, nimmt einen weiten Raum ein und macht die Schwere des weiteren Verlaufs der Erzählung erträglich.
Sie tanzen zu Nina Simones »Mr. Bojangles«, sie mixen sich Cocktails, und, gemeinsam mit ihrem Sohn reisen sie in ihr Schloss nach Spanien. Sie ist charmant und charismatisch, nimmt alle für sich ein mit ihrer extravaganten Art. Georges liebt sie hingebungsvoll, die beiden feiern das Leben, wann immer es geht, denn sie kennen auch seine dunklen. Im Anschluss wird ein Film gezeigt.  Regie Regis Roinsard, F/B 2021

Olivier Bourdeaut wurde 1980 in Nantes geboren. Er verdingte sich als Helfer bei der Fleur-de-Sel-Ernte, als Hausmeister eines Verlags und als Immobilienmakler. Nach dem letzten Jobverlust zog er sich nach Spanien zurück und schrieb dort sieben Wochen lang an einem Roman, der die Franzosen in Aufruhr versetzte: „Warten auf Bojangles“ erschien bei einem kleinen Verlag aus Bordeaux und war kurz darauf in aller Munde. Er gewann die wichtigen Literaturpreise des Frühjahrs, führte die Bestsellerliste an und verkaufte sich in mehr als 30 Länder.