Ausstellung/Gartenkunst

ATEM HOLEN. Hineinhören. Fr, Sa 15:30 – 19:00 Galerientage.

Petra Kapš - OR poiesis, KISETSU quarry performance, photo detail #1, 2019

Ja, schon wieder kommt die Kunst daher. Und macht sich Weltgedanken:
Lena Feitl, Petra KapšGertrude Moser-Wagner, Alfred GrafKurt Spitaler & Pouya Gourabi

im kunstGarten und in der Street Gallery

https://www.youtube.com/watch?v=k6spiDHXeWk&t=170s

Opening durch Kunsthistorikerin Dr.in Edith Risse https://www.youtube.com/watch?v=k6spiDHXeWk

Kuratorin: Irmi Horn

Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem Leben der Menschen. Ihren Erwartungen, Hoffnungen. Ihrer Beziehung zur Mitwelt.

Nach über einem Jahr Pandemie, die als gefährlich lastende Bürde uns allen auflauert, stellt sich die Frage, wie weit unsere Empathie eigentlich reicht?

Versorgte – wie fix Angestellte, Pensionsbeziehende haben wenigstens eine finanzielle Überlebenschance, einige wahrscheinlich sogar Überfluss, andere stehen vor dem Aus, dem Nichts, dem Ende. Von Menschenwürde und Menschenrecht können wir da wohl kaum mehr reden.

Dennoch wird alles von der Wirtschaft abhängig gemacht. Unzählige marode Unternehmen wurden gefördert. Die Konkurse gingen 2020 zurück, obwohl der Handel großteils darniederlag!
Gestundete Mietschulden führen nun zu Wohnungskündigungen: Wo sollen die Familien hinziehen?
Wir waren nie eingesperrt!
Wer sowas sagt, sollte in Moria leben!

Ins Freie konnten alle, zu jederzeit, wenn der Beruf es zuließ.
Als Einzelgänger oder in der Kombination mit jeweiligen WG -Mitgliedern.

Zu sehen und hören gibt es ja allerortes viel, wenn frau oder man hinschaut, hinhört, neugierig ist. Da böte sich auch gleich an, sich damit auseinander zu setzen.
Ist teilweise auch beliebt, passiert. Hinterfragtes und Unhinterfragtes wird in den Medien präsentiert, auch im Social Network.

Schauderhaftes erfahren wir und dennoch gibt es viele, die sich abwenden und dicht machen. Auch unter den Politiker*innen.
Wenige haben den Mumm wie die deutsche Kanzlerin für Fehler um Verzeihung zu bitten.

Aber es geht um die Atempause, den Trott des alltäglichen Musters zu unterbrechen. Zu hinterfragen, ob es an der Zeit wäre, anders, neu zu denken. Positive Lebensgestaltungsansätze zu finden und wenn sie schon gefunden wurden, auszubauen.
Und wenn das heißt, weniger Fleisch zu essen von geknechtetem Vieh, weniger Naschzeug mit Eipulver von Hühner-KZs.
Oder nachzuforschen, welche Pflanze, welches Tier da neben uns lebt. Oder nachzudenken, warum viele Menschen so grantig, unglücklich, frech, gemein und verlogen sind?

Einige lachen hämisch über eine Verpflichtung des Maskentragens zum Gemeinwohl, äußern sich herablassend über Greta Thunberg, aber da kommt die Kunst daher und bietet zusammen mit Fridays for Future dagegen: Mathis Huber sei gepriesen. In seiner Recreation-Reihe setzte er einen Tribute to Greta Thunberg an.
Ja, die Kunst kommt daher. Und macht sich Weltgedanken. Vielerorts auch In Graz; gerade jetzt, in der ganzen Steiermark!
Wir sind da im kunstGarten schon seit eh und je auf dieser Schiene unterwegs und freuen uns mächtig.

Der Sache auf den Grund gehen.
Was sagen die Erde, die Gletscher, der letzte Feuersalamander?

Beginnt das allgemeine Nachdenken erst dann, wenn das Wasser bis zum Mund steht und das Trinkwasser teuer gekauft werden muss?

Wasser, dass jetzt täglich verduscht wird, obwohl die Haut das gar nicht mag. Trotz Salben und Lotionen.

Vor dem Alter rettet uns nur ein früher Tod. Ansonsten zeigt es unser Erlebtes. Und es gibt so mannigfach zu Erlebendes.

Lena Feitl vermittelt die Schönheit des Wabi-Sabi. Petra Kapš wandelt mystische Emphase in Realismus, Gertrude Moser-Wagner verlockt die Ohren der Erdstimme zu lauschen, um uns zu ermöglichen zur Heilung begangenen Missbrauchs beizutragen.
Alfred Graf beschäftigt sich mit Vorgängen in der Natur. Flusslandschaften haben es ihm sehr angetan. So hat er ausgehend vom Erzherzog-Johann-Brunnen an Mur, Enns, Drau und Sann Sedimente gesammelt und diese zu Flussgöttinnen verdichtet.
Kurt Spitaler greift mit der Installation kollektiv//8 das Thema des Gemeinsam auf: aus Ich wird Wir… aus Einzelnen wird eine Gruppe; symbolisiert durch gewöhnliche Kübel auf Eisenstangen, miteinander verbunden durch Seile.
Pouya Gourabi zeigt uns den surrealistisch anmutenden Probenalltag für einen Schauspieler,
die Absurdität, der Menschen sich unterwerfen, um überleben zu können.

Also welche Richtung schlagen wir ein? Eine kollektiv sinnvolle, die ein würdiges Leben für die Erdenbewohner*innen darstellt, oder sitzen wir im Zug des Überflusses in der Wahnvorstellung eines kurzsichtiges Glücks auf geradem Weg zum letzten Ziel: das Auslöschens allen Lebens?

Lena Feitl wird für die Street Gallery eine Arbeit bereitstellen. Die junge Künstlerin lebt und arbeitet in Wien und der Steiermark. Sie will Essentielles zeigen, das beständig um uns ist und von uns oft übersehen wird. Sie studiert an der Angewandten in Wien, wo sie bereits ein Studium Textiles Design mit Auszeichnung abgeschlossen hat.

What remains is what is and always has been there, a neutral construct , which connects everything.

Lena Feitl: BARE, 2020 (35mm Film, SW)

Petra Kapš (alias OR poiesis), geboren 1975, Magistra der Philosophie, Künstlerin, Autorin, Kuratorin.

Sie webt ihre Arbeit zwischen Klangkunst, Radio, Zeit-Raum-Poesie, Performance, kritischer und essayistischer Kunstreflexion sowie Planung und Organisation von Ausstellungen und Festivals. Sie wird mit ihren Fotoarbeiten in der kunstGarten-Street Gallery im öffentlichen Raum vertreten sein, wie auch Lena Feitl.

Das Wort, ihr primäres Medium, erweitert sie in den sonoren Sphären der Zeit-Raum-Poesie. Sie entwickelt eine performative Praxis der territorialen Tonaufnahme, erforscht und realisiert die Möglichkeiten des Radioraumes, widmet sich der Auralität von räumlicher Erinnerung und Zeitwirbeln, dem digitalen Format sowie der Körperlichkeit raumfüllender Bücher. Im Mittelpunkt steht neben allen digitalen Dimensionen die physische Präsenz des Körpers. Ihre Klangarbeiten sind verwurzelte Einsamkeiten.

Aktuelle Arbeiten: Ear in the gardens of silence, side streets … Maribor; Kunstbuch; gedruckte Ausgabe, Zeit-Raum Hörbuch // Aural memory, time vortex_flux; Klangkomposition, 41’08“, Soloperformance (Euroradio Palma Ars Acustica, Kunstprojekt Centralna postaja Maribor, Kunstgalerie Maribor, radioCona Ljubljana, Wave Farm Radio New York) // Berliner Luft, Sonopoetic paths Berlin, Klang-/Radioperformance, Fensterroman (Radio aporee ProjektRaum Berlin) // Walking Plänterwald, Sonopoetic paths Berlin, September 6th 2015, afternoon, 55’01, Klang-/Radiostück (framework:afield, Framework Radio, EE) // Tišina, ki jo iščem ob rekah, 40’17“, Zeit-Raum-Klangpoesie, Klanginstallation (Museum des Wahnsinns, Trate, SI) // Homage to John Cage, reading ”Lecture on Nothing” at Ryoan-ji, Kyoto, Leseperformance (Kyoto, JP) // Japanese Gardens and Crossings; Paths and Their Sonic Realities (Tokyo, Kyoto, JP).

Steine verbindet das Menschliche mit den alten, authentischen, kosmischen Elementen der Welt. Es geht darum, die Schwingungsqualitäten des Steins zu verstärken, sie in den menschlichen Hörbereich zu übertragen und sie als interaktives Klangfrequenzfeld zu integrieren, das mit dem Körper und dem Bewusstsein des Hörers in Resonanz tritt. Die Künstlerin interessiert sich für das Verhalten verschiedener materieller und biomorpher Felder sowie für deren Interferenzen.

Homepage: www.orpoiesis.blogspot.com

Gertrude Moser-Wagner, geb. in St. Georgen ob Murau. Studium der Bildhauerei in Wien bei Bruno Gironcoli mit Diplom 1981, Akademie der Bildenden Künste Wien, danach erhielt sie dort und an diversen Kunst-Universitäten Lehraufträge, bis 2010. Arbeitsfelder: Projektkunst, Poetische Intervention, Installation, Radiokunst, Performance, Video. Einladungen zu internationalen Projekten, Ausstellungen, Festivals. Seit 2000 ist sie auch Herausgeberin, Künstlerkuratorin, Gründerin. Veranstalterin von Interdisziplinären Symposien, oft mit Naturwissenschaften, im Kontext eigener Kunstprozesse.
Dazu laufende Projekte: art goes science (seit 2009).
art contains (seit 2015) in St. Georgen am Kreischberg, BienenVolkSchule St. Ruprecht.
http://www.openscience4sustainability.at/person/gertrude-moser-wagner/

Gertrude Moser-Wagner HINEINHÖREN, Installation 2021

1988-2000 formulierte sie die sogenannte SOIL SAMPLE SERIES, durchgeführt in (mit) Prag, Bologna, Göttingen. Die Erde, auf der unsere Füße stehen, ist vor allem ein Prozess. Dieses Material Erde wird biopolitisch, als der für (geförderte) Monokulturen ertragreich gemachte Boden oder als umkämpftes Territorium zur Ansiedlung weiterer Einkaufszentren wahrgenommen. Das ändert sich langsam, im Zuge der Klimakrise, auch durch die Medien. Dieses Bodenleben in vielfacher Hinsicht benannten und bebilderten wir im abschließendem Projekt SOIL=Boden, Erde (im Naturhistorischen Museum Wien, HG Moser-Wagner, Triton Wien 2002).
 
„HINEINHÖREN INS INNERE (eine Besprechung unter Sträuchern)“ – suggeriert, dass der Boden klingt und ja – tatsächlich kommuniziert darin ein Kosmos an tierischen und pflanzlichen Organismen. Pilze bilden Rhizome und die Wurzeln führen quasi ein Eigenleben. Wir hören es immer öfter und bekommen durch die Medien erstaunliche Bilder aus dem Erdinneren zu sehen. In ihrer Arbeit für den kunstGarten ist dieses Hineinhören in den Bauch der Erde durch Hörrohre veranschaulicht, die früher medizinisch verwendet wurden. Diese Acht bilden eine zusammenstehende Gruppe am Boden, bei den Sträuchern. Sie lassen an etwas wie eine Besprechung, eine kollegiale Versammlung denken.

Pouya Gourabi wurde zur Zeit der iranischen Revolution geboren und erlebte seine Jugend im Krieg. Seine Liebe zum Film stammt aus dieser Zeit, als er „Der dritte Mann“ von Carol Reed sah und in diesem jungen Alter bereits dem Film verfiel. Er lernte aus neuen Hollywoodfilmen wie auch vom Weltkino von Kurosawa bis Kubrick. Schließlich emigrierte er in den frühen 1990ern nach Holland um an der Filmakademie zu studieren und arbeitete an Kurzfilmen, Untergrundfilmen, Kunstfilmen und Werbefilmen in den Niederlanden, Serbien, den USA, Iran, Italien und Kuwait. Er zeigt einen Kunstfilm:

Poya Gourabi THE SECOND AUDITION

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

The Second Audition: Ein Schauspieler landet wieder in seinem alten Theater. Er muss für ein Stück vorsprechen, das er schon oft davor gespielt hat. Der neue künstlerische Leiter will, dass er eine Maske trägt. Aber er weigert sich und es kommt zu einem Streit. Schließlich verlässt er die Szene. In der Garderobe erhält er von seinem Kollegen eine Telefonnummer. Es ist ein privater Job …

Erklärung des Regisseurs:

Die Idee, den Low-Budget-Film DIE ZWEITE AUDITION zu machen, war es, einen Zeitgeist über das Leben und die Zeiten im Raum Den Haag in den Niederlanden zu schaffen: einen Film über die fast surrealen Verhältnisse zu machen und diese in einer realistischen Stimmung darzustellen.
Die Inspiration durch die revisionistischen Detektivfilme der 1970er Jahre und deren Verwendung der klassischen Hardboiled-Elemente half mir beim Schreiben der Geschichte.

Das Ansehen vieler autonomer erster Spielfilme hat mir auch geholfen, die Genres der Geschichte zu identifizieren, um jeden Drehtag mit einem anderen Schauspielerteam nutzen zu können, da der Zeitplan und das Budget begrenzt sind. DIE ZWEITE AUFNAHME ist ein unabhängiger Kunstfilm, ein Mitternachtsfilm, der zum Genre der Sozialsatire tendiert. Mit dem Soundtrack des Elektro-Musik-Pioniers Legowelt zwingt die Geschichte den arbeitslosen Hauptdarsteller David Geysen, für einen privaten Job durch die Straßen zu ziehen.

DIE ZWEITE AUFNAHME ist irgendwie eine internationale Produktion mit belgischen, niederländischen, iranischen, pakistanischen und somalischen Schauspielern. Shahin Khakpour hat im Studio Moon in Teheran, Iran, den Tonschnitt und die Endmischung vorgenommen, alles online.

Alfred Graf, der 1958 in Feldkirch geboren wurde und an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte, erforscht seit Jahren bildnerisch die Sedimente und Gesteinsformationen von Landschaften in allen Teilen der Welt – dem heimischen Vorarlberg genauso wie dem US-Bundesstaat Kentucky, der Insel Sylt oder dem Vesuv.

Auf ausgedehnten Touren sammelt er am jeweiligen Ort verschiedene Erden, Sande und Gesteine, die er im Atelier zermörsert, mit Wachs – das aus derselben Region wie die geologischen Materialien stammt – bindet und nach unterschiedlichen gestalterischen Konzepten auf Baumwollmolino fixiert. Neben den Bildern schafft Alfred Graf auch dreidimensionale Objekte wie Kuben und Quader, die er durch sukzessives Aufschichten der Materialien formt.

Der Künstler stellt  Landschaften in ihrer Beschaffenheit, ihrer inneren Struktur und ihren Farben, die sie gestalten und ihr den eigenen Charakter verleihen, abstrahierend dar. So entstehen Werke, in denen Alfred Graf die Essenz einer Region gleichsam sich selbst zum Ausdruck bringen lässt.

Alfred Graf: Transgression der domestizierten Flussgöttinnen, 2021, Sediment, Wachs auf Gewebe über Tempera auf Papier mit Applikationen;rund Durchm. ca. 45 cm
Mur
Enns
Drau
Sann

Alfred Graf, Dislokation der domestizierten Flussgöttinnen, 2019/21,
Sediment, Steine, Klebemörtel, Drahtgeflechte, Holz, Kübel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kurt Spitaler, geboren 1966 in Bruck/Mur, aufgewachsen in Judenburg (Stmk) und Großbuch (Ktn),
sudierte Soziologie (1991 Diplom mit Auszeichnung) und Bildhauerei an der Akademie der Bildenden
Künste bei Bruno Gironcoli (1999 Diplom mit Auszeichnung). Er lebt in Wien und  arbeitet in Kottingbrunn (NÖ).

Schon während seines Studiums entwickelt Kurt Spitaler die für seine Arbeiten charakteristische Form der Verbindung oder Vernähung. Das Prinzip des Seriell-Additiven bestimmt die prägnante Wirkung seiner meist auf einfache Grundformen reduzierten Kunstwerke. Der Verbindung kommt dabei nicht nur eine ästhetische, sondern eine elementar funktionale Bedeutung zu, indem sie einzelne Elemente der Alltagswelt zu einem neuen Ganzen verbindet.

 

 

Kurt Spitaler kollektiv//10 2021 Kübel, Eisen, variable Größe