Film/Public Viewing, Literatur/Performance

Reihe Women Empowerment: Literatur & Film DIE SANFTE

Irmi Horn

Irmi Horn stellt Fjodor Dostojewskij: Die Sanfte. Eine phantastische Erzählung. Deutsch von Alexander Eliasberg – Im Insel-Verlag zu Leipzig 1914 erschienen, vor und vergleicht mit der Verfilmung aus dem Jahr 1969.

Die »Phantastische Erzählung« Dostojewskis schildert die Gedanken eines Ehemannes, der in seiner Wohnung neben der aufgebahrten Leiche seiner Frau ruhelos auf und ab geht. Verzweifelt und ohne Hoffnung reflektiert er über das kurze Zusammenleben mit seiner sanften und stolzen Ehepartnerin, deren Selbstmord er verschuldet hat.

Dostojewski fand die Anregung in einer kurzen Zeitungsnotiz, eine junge Frau mit einem Heiligenbilde habe sich aus dem Fenster gestürzt.  Er nennt seine Novelle eine „phantastische“ Erzählung, obschon er sie selber für hochgradig wirklichkeitsgetreu halte. Die Nennung des Phantastischen seiner wirklichkeitsgetreuen Erzählung beziehe sich nur auf deren Form. Die Form dieser Dichtung, erklärt Dostojewski in der Vorbemerkung, lasse sich weder auf eine reine Erzählung noch auf bloße Aufzeichnungen beziehen. Vielmehr stelle seine monologische Dichtung eine psychologische Untersuchung dar, die ausschließlich auf Findung der Wahrheit abziele. Die Offenbarung der Wahrheit, sagt Dostojewski, sei das eigentliche Thema dieses gigantischen Monologes, den der einundvierzigjährige hypochondrische Pfandleiher nach dem tödlichen Fenstersturz seiner jungen, sechzehnjährigen Frau, die in dem Gastzimmer seiner Wohnung auf zwei zusammengeschobenen L’hombre-Tischen vor ihm aufgebahrt liegt, mit sich selbst führt.

Der auf Wahrheitsfindung abzielende Monolog des hypochondrischen Pfandleihers zieht sich, wie Dostojewski schreibt, „in leicht irreführender Form“ hin, einmal spricht er zu sich selbst, ein anderes Mal „wendet er sich gleichsam an unsichtbare Zuhörer wie an einen Richter“. Ohne dieses neben dem Wahrheits-Motiv bestehende zweite Motiv eines der Gerechtigkeit verpflichteten Richters würde Dostojewskis Dichtung das emphatische Pathos der Wirklichkeit fehlen, die allein in den Menschen zu finden ist, alles andere, Gesetze, Sitten, Leben, Staat, Glaube sind ihm tot und erstorben.

Der Inhalt (Wikipedia)

Ein Pfandleiher versucht, „sich an der Gesellschaft zu rächen“, indem er mit seinem Geschäft innerhalb von drei Jahren so viel Geld verdient, dass er sich auf dem Land niederlassen kann. Er fühlt sich aus der Gesellschaft ausgegrenzt, seitdem er wegen Feigheit unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen worden ist. Er sei, so wird ihm vorgeworfen, einem Duell aus dem Weg gegangen. Durch seine Entlassung verarmt er und wird für eine Weile obdachlos, bevor er 3000 Rubel erbt und das Pfandleihgeschäft eröffnen kann.

In dieser Situation lernt er eine 16-jährige Frau („die Sanfte“) kennen, von der der Leser durch die Einleitung des fiktiven Verfassers schon weiß, dass sie vor dem Zeitpunkt der Erzählung Selbstmord begangen hat. Sie verpfändet ihre lieben Gegenstände, um Inserate in einer Zeitung zu schalten, in denen sie eine Anstellung als Gouvernante sucht. Der Pfandleiher erniedrigt sie bei diesen Geschäften subtil, besonders wird eine Situation erwähnt, in der sie ihm eine Ikone bringt, die er schließlich in seinen eigenen Reliquienschrein stellt. Durch Nachforschungen erfährt der Pfandleiher, dass die junge Frau bei ihren tyrannischen Tanten lebt und mit einem widerwärtigen Krämer verheiratet werden soll. Er nutzt die Situation aus und bittet um die Hand der jungen Frau. In ihrer Not heiratet sie ihn.

Nach einer anfänglich ruhigen Ehe bricht eine Art Kampf aus, ausgelöst durch Meinungsverschiedenheiten beim Führen des Pfandleihgeschäfts. Die Sanfte flieht aus der gemeinsamen Wohnung, obwohl ihr das vom Pfandleiher bisher nicht erlaubt worden ist. Sie trifft sich mit einem Offizier namens Jefimowitsch. Der betrogene Ehemann erfährt davon durch die beiden Tanten, daraufhin überrascht er seine Frau bei einem Rendezvous mit Jefimowitsch. Am nächsten Morgen wacht er auf und fühlt eine Pistole an seinem Kopf. Er öffnet kurz die Augen, schließt sie aber wieder, worauf die Sanfte nach einer Weile den offensichtlichen Entschluss aufgibt, ihn umzubringen.

Danach kauft der Pfandleiher ein zweites Bett und eine Trennwand. Die Sanfte wird krank, erholt sich und lebt sehr isoliert. Eines Tages singt sie in Anwesenheit des Pfandleihers. Er folgert, dass es ihr scheint, als sei er nicht da (sie singt sonst nur in seiner Abwesenheit), daraufhin macht er ihr eine Liebeserklärung und bietet ihr an, sein Geschäft aufzulösen und eine Reise nach Boulogne (Frankreich) zu machen. Die Sanfte lässt sich scheinbar rühren und entschuldigt sich, sie verspricht ihm, ihn fortan zu achten. Er geht kurz weg, um die Pässe für die Reise zu organisieren – als er zurückkommt, hat sie sich aus dem Fenster gestürzt.

INFORMATION

  • Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Anmeldung bis spätestens 2 Stunden vor Programmbeginn – bei einer Matinée bitte bis zum Vorabend – unter kunstgarten@mur.at oder +43 316 262787