Pier Paolo Pasolini
Pier Paolo Pasolini (* 5. März 1922 in Bologna; †2. November 1975 in Ostia) war ein italienischer Filmregisseur, Dichter, Schauspieler, Musiker, Drehbuchautor, Cutter und Publizist.
Er gehörte zur Avantgarde der 60er Jahre, erregte mehrfach Skandale mit seinen Filmen, von denen einige auch verboten wurden. Er schuf eine neue Filmsprache und wurde unter ungeklärten Umständen am Strand von Ostia von seinem homosexuellen Liebhaber ermordet. Pier Paolo Pasolini war in Italien bereits als Lyriker, Romancier und streitbarer Publizist bekannt, der sich zu sozialistischen Ideen bekannte …
DIETMAR DATH von der Frankfurter Allgemeinen schreibt: Er schrieb mit der Filmkamera Verse – nicht irgendwie lyrische Bildfolgen, das kann jeder Kitschier, sondern buchstäblich Verse: Zeichenketten, die einen Erzählgang oder Gedankenverlauf so wenden, wie die geschriebene Zeile in der gebundenen Rede das leisten kann, die der Wegumkehr des in den Pflug eingeschirrten Ochsen auf dem Acker gleicht, von welcher Bewegung („versus“) das Phänomen, das wir Vers nennen, seinen heutigen Namen hat.
Einer der prägnantesten Filmverse Pasolinis findet sich in „Das erste Evangelium – Matthäus“ (1964): Renato Terra, der den Satan spielt, führt den von Enrique Irazoqui dargestellten Erlöser in Versuchung. Der Blick Jesu sagt: Ich will die Welt, die du mir anbietest, nicht haben, und ich werde sie zerstören. Christus und der Teufel stehen dabei in einem Staub, der auch Dampf sein könnte. Schnelle Schnitte (Wüste, Stadt, wieder Wüste) zeigen hier, dass Pasolini weiß: Eine Szene kann etwas ganz anderes sein als eine Einstellung, so wie ein Vers nicht mit einem Satz identisch sein muss.
Die Szene wendet den Film. Zuvor schimmerte er in Schattierungen von InÂnerlichkeit, jetzt kann Gottes Wort Tat werden: Jesus sagt den Jüngern, sie sollen ihm helfen, als Arbeiter, bei der Ernte. Er spricht zu armen Bauern, Fischern, zu Elenden und Kranken. Der Weckruf, sieht man, erreicht sie, aber keine Bürger, keine Leute mit Macht oder Status.
Ein Schwerpunkt unseres Filmkunst-Programms beschäftigt sich unter anderem mit dem Zusammenleben der Menschen, ihrer Auseinandersetzung mit Konfliktsituationen. Umstände der Not, die zu Revolten und Krieg beitragen, werden unter die Lupe genommen, ebenso persönliche und gesellschaftliche Zwänge und Befindlichkeiten mit denen sich der einzelne Mensch in seinem Lebensbereich aber auch als Weltbewohner in einer bedrohten Natur auseinandersetzen muss. Alle diese Befindlichkeiten werden heiter, ernst, ironisch, traurig, sentimental, lehrreich, verstörend oder aufbauend von Regisseur*innen unter die Lupe genommen und wollen Beiträge zu sinnstiftender Kommunikation und empathischem Begreifen leisten.Â
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